1060 Wien
Vor kurzem schrieb uns eine Absolventin über die Rolle als Yogini:
„Ich fühle oft Druck von anderen (Schüler oder nicht), eine bestimmte Erwartung zu erfüllen. Viele glauben, dass ich, weil ich Yoga praktiziere, immer gelassen bin und nie wütend werde (beides trifft nicht auf mich zu). Oder sie denken, dass ich durch Yoga eine Art übermenschlich flexibler Zirkusartist bin (auch das stimmt nicht).
Mit der Zeit ist Yoga für mich immer persönlicher geworden. Eine Praxis, die ich als Rückzugsort nutze und zu der ich immer wieder zurückkehren kann. Yoga ist mein stiller Begleiter. Es hilft mir, zu reflektieren und zu erwachen, unabhängig davon, ob andere das sehen oder nicht.“
Diese Worte haben mich tief berührt, denn ich kann das sehr gut nachvollziehen. Ich erinnere mich an ein Yoga-Retreat, das ich leitete. Beim Frühstück, als ich meinen morgendlichen Kaffee genoss, kam eine Teilnehmerin auf mich zu.
Sie musterte mich kritisch und fragte, mit einem Anflug von Empörung: „DU trinkst Kaffee?“
In ihrem Tonfall hätte man meinen können, es handle sich um ein Glas Wodka.
Meine erste Reaktion war, mich unwohl zu fühlen, fast so, als müsste ich mich schämen und dieses „unyogische“ Verhalten verstecken.
Doch schon bald erkannte ich, wie absurd das war. Viel wichtiger war die Einsicht, dass ich durch das Verbergen meiner Gewohnheit nicht nur sein Missverständnis verstärkte, sondern es sogar noch festigte.
Missversteht mich nicht: Ich halte es für bedeutsam, unsere Yoga-Praxis zu schützen, vor allem als Lehrerin. Yoga sollte ein intimer, vertrauensvoller Raum sein, den wir pflegen und respektieren. Grenzen sind hierbei wichtig.
Aber gleichzeitig sollten wir uns fragen: Wie viel Kraft liegt in der Authentizität?
Was wäre, wenn wir uns erlauben könnten, ganz offen zu sagen:
„Ja, ich trinke Kaffee, UND ich bin Yogi.“
oder
„Ich werde manchmal wütend, UND ich bin Yogi.“
oder
„Ich bin nicht besonders flexibel, UND trotzdem bin ich Yogi.“
Würde das nicht all den kaffeetrinkenden, gestressten, unflexiblen Menschen da draußen Mut machen?
Unsere Bereitschaft, uns so zu zeigen, wie wir wirklich sind, könnte anderen die Erlaubnis geben, mit derselben Offenheit in die Yogapraxis einzutauchen. Es könnte die Botschaft senden, dass Dinge wie Wut, Steifheit oder die Abhängigkeit von Koffein uns nicht zu schlechteren Yogis machen.
Im Gegenteil: Es zeigt, dass wir alle Menschen sind – genau wie sie. Und es erinnert uns daran, dass jeder, unabhängig von seinen vermeintlichen Schwächen, ein Yogi sein kann.
In Verbundenheit,
Christine
Learning 44: Yoga verlangt keine Perfektion. Es ist eine Praxis, die es uns erlaubt, Mensch zu sein – mit all unseren Ecken und Kanten.
Learning 45: Ehrlichkeit schafft Raum für wahre Verbundenheit.** Indem wir authentisch sind, ermöglichen wir auch anderen Yoga ohne falsche Erwartungen zu praktizieren.
Learning 46: Klischees über Yoga können aufgelöst werden. Offenheit und Ehrlichkeit erweitern die Vorstellung davon, was es bedeutet, ein Yogi zu sein.
Learning 47: Yoga ist für jeden zugänglich. Egal, ob man steif, gestresst oder Kaffeetrinkerin ist – Yoga ist ein Weg, den jeder gehen kann.
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